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Jugend unter Druck – Schönheitsideale im Netz

Durchtrainierte Körper in Fitness-Kanälen auf YouTube, makellose Beauty-Influencer*innen auf Instagram oder perfekt inszenierte Selfies im WhatsApp-Chat – Soziale Medien vermitteln ein bestimmtes Bild von Schönheit, das oft weit von der Realität entfernt ist. Solche Ideale können bei Kindern und Jugendlichen einen enormen Druck auslösen und sich negativ auf ihr Selbstwertgefühl auswirken. Wie können Eltern ihren Kindern helfen, einen gesunden Umgang mit Schönheitsbildern im Netz zu entwickeln?

Schönheitsbilder im Wandel der Zeit

Blasse Haut im Mittelalter, kurvige Körper im Barock, kurze Haare in den 1920ern, dünne Models in den 1990ern – was als schön gilt, unterliegt einem ständigen Wandel und verändert sich je nach Zeit und Kultur. Vor allem Frauen wurden in der Geschichte stark über ihr Äußeres bewertet. Das Schönheitsideal unserer heutigen Zeit ist stark geprägt von Geschlechterklischees und Social-Media-Trends.

Kinder und Jugendliche in der Orientierungsphase

„Sehe ich schön aus?“. Spätestens mit Beginn der Pubertät beschäftigen sich Kinder und Jugendliche immer mehr mit ihrem Aussehen und ihrer Identität. Oft ist diese Zeit von Unsicherheit und Vergleichen geprägt. Junge Menschen suchen dabei auch Orientierung in den Medien. Sie beobachten aufmerksam, wie sich Personen im Netz präsentieren. Influencer*innen werden dabei zu wichtigen Vorbildern, denen sie nacheifern möchten. Viele Socia-Media-Stars geben sich auf ihren Profilen besonders nahbar und fördern den Kontakt zu ihrer Zielgruppe. Die starke Beziehung zu ihren Idolen kann bei der Entwicklung des eigenen Körper- und Schönheitsbilds eine Orientierungshilfe sein, aber auch zu Verunsicherung und Druck führen. Denn viele Inhalte zeigen stark verzerrte Schönheitsbilder.

Insta vs. Real Life – Schönheit im Netz

Große Augen, volle Lippen, weiße Zähne, makellose Haut – auf Plattformen wie Instagram und TikTok dominieren einseitige Schönheitsbilder, die mit dem Einsatz von Filtern und Bildbearbeitung bis hin zur Verwendung von KI-Avataren perfektioniert werden. Dazu kommen die Mechanismen von Social-Media-Angeboten, in denen Algorithmen bevorzugt Bilder mit nackter Haut auswählen und Inhalte nach den Merkmalen und Vorlieben der Nutzer*innen anzeigt. Influencer*innen zeigen mehr Schein als Sein, um mit Klicks und Produktplatzierungen Geld zu verdienen. Wer nicht dem aktuellen Schönheitsideal entspricht, bekommt negative Rückmeldungen bis zu Hasskommentaren. Das verstärkt den Druck auf junge Nutzende, unrealistischen Schönheitsstandards entsprechen zu müssen. Nach einer Studie der österreichischen Bildungsplattform safer-internet.at von Anfang 2024 setzen Schönheitsideale im Internet sowohl Mädchen als auch Jungen stark unter Druck. Über die Hälfte der befragten Jugendlichen möchte im Netz schön, gestylt und schlank aussehen. Wenn Kinder und Jugendliche sich ständig vergleichen und häufig Filter verwenden, kann sich das auf ihre Selbstwahrnehmung auswirken. Pumpen bis zum Umfallen, hungern bis zur Magersucht – manche Inhalte zeigen sogar gesundheitsgefährdende Schönheitsideale, was bei Nachahmung gefährlich werden kann.

Glücklicherweise gibt es im Netz auch Gegenbewegungen wie Curvy Models, Body Positivity und Hashtags wie #fürmehrrealitätaufinstagram. Sie tragen dazu bei, eine Vielfalt an Körpern und Identitäten sichtbar zu machen und zu feiern. Solche authentischen Inhalte fördern bei Nutzenden einen gesünderen und realistischeren Blick auf Schönheit und ihren Körper.

Wie können Eltern damit umgehen?

Zeigen Sie Interesse für die Mediennutzung Ihres Kindes und bleiben Sie mit Ihrem Kind über seine Lieblings-Influencer*innen und -Inhalte im Gespräch. Analysieren Sie gemeinsam, welche Bearbeitungsschritte hinter vielen Bildern und Videos stecken und erklären Sie ihm, dass es dabei meist um Vermarktung geht. Machen Sie Ihrem Kind klar, dass sein Social-Media-Feed kein genaues Abbild der Realität ist. Ermutigen Sie Ihr Kind, Profile auszusortieren, die schlechte Gefühle bei ihm auslösen. Geben Sie Ihrem Kind Zugang zu den guten Seiten des Internets und zeigen Sie ihm (Kinder-)Medien, die vielfältige Weltbilder und Geschlechterbilder darstellen. Comedy-Profile wie von Celeste Barber oder Formate für Kinder und Jugendliche wie dieses Video zu Schönheitsfiltern von TeamTimster auf KIKA helfen, unrealistische Schönheitsideale zu hinterfragen.

Betonen Sie die Vielfalt von Körpern und Schönheitsbildern und ermutigen Sie Ihr Kind, positiv zum eigenen Körper zu stehen. Loben Sie vor allem die inneren Werte Ihres Kindes wie Persönlichkeit und Interessen, so stärken Sie sein Selbstwertgefühl. Wenn Sie unsicher sind, Ihr Kind unter digitalem Stress oder einer Essstörung leidet, suchen Sie sich Hilfe, zum Beispiel in Form von (digitalen) Beratungsangeboten.

Mein Kind will YouTuber werden – Was nun? (Teil 2)

In Teil 1 wurde erklärt, warum Kinder und Jugendliche den Berufswunsch YouTuber bzw. Social-Media-Star haben: Bei den berühmten Influencerinnen und Influencern wirkt es so einfach, mit dem Produzieren von sogenanntem Content Geld zu verdienen und gleichzeitig Spaß zu haben. Wenn Sie diesen Wunsch unterstützen möchten, sollten Sie einiges beachten.

Soll ich mein Kind dabei unterstützen?

Nehmen Sie den Wunsch Ihres Kindes ernst und sprechen Sie mit ihm darüber. Kinder können nicht unbedingt alle Risiken, die mit einer Veröffentlichung im Internet verbunden sind, abschätzen. Sie können sich nur schwer vorstellen, wie viele Menschen sich so ein Video ansehen könnten und auf welchen Wegen es weiterverbreitet werden kann. Kinder können auch noch nicht absehen, dass es Stress bedeuten kann, ständig im Mittelpunkt zu stehen. Außerdem muss man sich mit Kritik zu den eigenen Videos auseinandersetzen. Erfolgreiche Influencer stehen unter Druck, immer wieder neue Videos für ihre Fans produzieren zu müssen, um im Gespräch zu bleiben. Die meisten Kinder und Jugendlichen, die auf YouTube aktiv sind, also dort eigene Videos veröffentlichen, sind in der Regel nur im direkten Umfeld bekannt. Ihre Follower sind vor allem Freundinnen und Freude.

Machen Sie Ihrem Kind diese Dinge bewusst und besprechen Sie gemeinsam die Entscheidung, eigenen Content für Social Media zu produzieren. Überlegen Sie, was dafür und dagegen spricht. Fragen Sie nach, was eigentlich hinter dem Wunsch steckt und welches Ziel mit einem eigenen YouTube-Kanal verfolgt wird. Soll es als ein Hobby starten? Worum soll es gehen? Welche Themen und Inhalte sollen vorkommen? Wie sollen die Videos aussehen?

Mehr Tipps für den eigenen Social-Media-Auftritt

  • Einen eigenen YouTube-Channel (oder einen anderen Social-Media-Kanal) zu betreiben, erfordert eine Registrierung. Für einen eigenen Account müssen Nutzende in Deutschland meistens 16 Jahre sein, jüngere Personen benötigen die Einverständniserklärung der Eltern. Beachten Sie die AGB des jeweiligen Anbieters.
  • Die Veröffentlichung eines Videos bei YouTube ist nicht mit einem Klick gemacht, da verschiedene Angaben gemacht werden müssen. Dazu gehört u. a. die Angabe, ob das Video für Kinder geeignet ist. Machen Sie das, zumindest beim ersten Video, gemeinsam mit Ihrem Kind. 
  • YouTube schaltet ab einer gewissen Klickzahl Werbung vor und teilweise auch mitten in Videoclips. Kontrollieren Sie das regelmäßig. Wenn das Video für Kinder geeignet ist, sollte auch die Werbung jugendgerecht sein.
  • Machen Sie sich mit den Datenschutzeinstellungen der jeweiligen Plattform vertraut. Videos könnten beispielsweise privat gestellt und nur ausgewählten Nutzern zugänglich gemacht werden.
  • Denken Sie an die Privatsphäre! Keine Angaben, wie der Benutzername, oder Aufnahmen, wie das Filmen im eigenen Zuhause, sollten Rückschlüsse auf persönliche Daten (wie Wohnort, Alter oder Schule des Kindes) zulassen. 
  • Videos, in denen andere Personen zu sehen sind, dürfen nicht ohne deren Einverständnis veröffentlicht werden.
  • Die Urheberrechte müssen eingehalten werden. Veröffentlicht werden dürfen nur selbst erstellte Bilder und Musik oder man muss Nutzungsrechte für die Verwendung fremder Musik, Fotos u.ä. einholen und eventuell Lizenzgebühren bezahlen.
  • Bereiten Sie Ihr Kind darauf vor, dass es auch unschöne Kritik zum Video geben kann. Auf YouTube herrscht teilweise eine raue und nicht sehr freundliche Sprache. Es gibt immer wieder Menschen, denen es nicht um Inhalte geht, sondern die die scheinbare Anonymität im Netz nutzen, um andere zu beleidigen. Vor allem bei Kindern und Jugendlichen (unter 14 Jahren) empfiehlt es sich, die Kommentarfunktion einfach zu deaktivieren.
  • Legen Sie gemeinsam fest, in welchen Abständen Ihr Kind ein neues Video hochlädt. Berücksichtigen Sie, dass andere Dinge wie Schule, Sport oder andere Hobbys nicht zu kurz kommen.

Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, dass der Erfolg als YouTuber auch vom Glück abhängt. Vielleicht läuft es nicht so, wie zu Beginn erhofft oder die Videos entsprechen nicht den eigenen Erwartungen. Gerade die Möglichkeit, die eigenen Videos nicht jedem öffentlich zugänglich zu machen, ist gut geeignet, um das YouTuber-Dasein auszuprobieren und das filmische Können in einem geschützten Rahmen verbessern. Trotzdem kann Ihr Kind sein neuestes Werk den Freunden auf dem Schulhof oder der Oma vorführen.

WhatsApp-Kettenbriefe verbreiten Angst unter Kindern und Jugendlichen

Kettenbriefe sind kein neues Phänomen. Heutzutage werden diese allerdings über den Soziale Netzwerke und Messenger-Dienste verbreitet. Für viele Kinder, die WhatsApp nutzen, gehören Kettenbriefe wie selbstverständlich dazu. Manche Kinder erhalten mehrere Kettenbriefe täglich, witzig oder gruselig, in der Regel mit vielen Rechtschreib- und Tippfehlern gespickt.

Viele Nachrichten sind nett und regen zum Schmunzeln an oder sollen deutlich machen, dass die Leserin oder der Leser einem etwas bedeutet. Es gibt aber auch solche Kettenbriefe, die Ihr Kind unter Druck setzen oder gar Angst und Panik verursachen können. Sogenannte „Sozialbarometer“ sollen dem Absender von Kettenbriefen deutlich machen, wie beliebt er oder sie ist:

„Schicke diesen Brief an 12 wundervolle Mädchen (auch an mich) und schaue, wie oft du es zurück bekommst und schaue, wie viele wahre Freunde du hast. Ein bis 2: Naja, es gibt bessere. Zwei bis drei: Ok, du hast welche. Vier bis fünf: Du hast genug wahre Freunde.“

Kettenbriefe enthalten oft auch Drohungen und Warnungen, was geschehen kann, wenn die Nachricht nicht weitergeleitet wird. Diese machen Kindern und Jugendlichen besonders Angst. Sie erzählen zum Teil kurze Horrorgeschichten und enden stets mit Sätzen wie „Schick diese Nachricht weiter, ansonsten bringe ich dich um!“. Auch die Androhung, dass Freunden oder der Familie etwas angetan wird, gehört zu klassischen Mitteln, um Druck und Angst zu erzeugen.

„Wenn du deine Mama liebst dann schick dies an 20 Leute. Ein Mädchen hat das ignoriert und ihre Mama ist in 365 Tagen gestorben. Sorry ich kann das nicht ignoriere weil ich meine Mama liebe. Schäme dich wenn du das nicht machst“

Diese gruseligen Nachrichten gibt es mittlerweile auch als Audio-Kettenbrief. Das heißt, eine verzerrte Computerstimme droht der Empfängerin oder dem Empfänger mit Mord oder körperlichen Verletzungen, es sei denn, die Audiodatei wird an eine bestimmte Anzahl an Kontakten weitergeitet. Diese Art von Kettenbriefen können Kindern ganz besonders große Angst machen.

Daher ist es wichtig, mit Ihrem Kind über Kettenbriefe zu sprechen. Erklären Sie, dass das Nicht-Weiterleiten keinerlei Folgen haben wird und diese Art von Nachrichten nur ein sehr schlechter Witz sind. Sie können ebenfalls der Absenderin oder dem Absender gemeinsam eine Nachricht senden und über die Hintergründe von Kettenbriefen aufklären. Wenn eine solche Nachricht von einer unbekannten Nummer verschickt wurde, sollte die Nummer direkt blockiert werden. Dann werden Nachrichten von dieser Person nicht mehr zugestellt.

Wenn Sie noch mehr zum Thema nachlesen möchten, bekommen Sie z. B. bei saferinternet.at weitere Informationen.

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