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Vorlesen im digitalen Zeitalter

Kurz vor dem Schlafengehen – die dreijährige Tochter sitzt auf Ihrem Schoß, richtet den Blick auf die bunten Bilder und lauscht gespannt der Geschichte. In vielen Familien ist das Vorlesen am Abend ein Ritual. Oft gibt es das Lieblingsbuch, welches wieder und wieder vorgelesen werden soll. Aber sind Bücher in Zeiten von frei zugängigen Videos, Hörspielen und Liedern über digitale Medien eigentlich noch zeitgemäß?

Die Bedeutung des Vorlesens

Vorlesen im Allgemeinen ist enorm wichtig für die kindliche Sprachentwicklung. Wenn Sie Ihrem Kind Geschichten vorlesen und Sie gemeinsam die Bilder betrachten und darüber sprechen, erweitert sich auch der Wortschatz Ihres Kindes. Dabei lernt es auch Wörter kennen, die es sonst nicht unbedingt hört, z. B. in Büchern, die von Meerestieren berichten oder über das Leben auf einem Bauernhof. Beim Vorlesen entwickelt Ihr Kind ein Gefühl für die Struktur der Sprache.

Vorlesen wirkt sich zudem positiv auf die Fantasie Ihres Kindes aus. Das Erzählen von Geschichten und der Austausch darüber regt Ihr Kind an, sich eigene Welten auszudenken und vorzustellen.

Vorlesen über digitale Medien

Entscheidend beim Vorlesen sind vor allem der Austausch und die Nähe zu Ihnen. Diese kann man auch herstellen, wenn man zum Vorlesen ein Tablet anstelle eines Buches nutzt. Die Faszination für digitale Medien können Sie nutzen, um insbesondere älteren Kindern das Lesen schmackhaft zu machen. Digitale Lesewelten arbeiten oft mit interaktiven Elementen, die das Interesse von Kindern wecken und ihre Fantasie anregen können. In ihnen steckt also viel Potenzial, das Sie als Eltern nutzen können.

Auch Bilderbuch-Apps wie z. B. „Fiete“ oder „Milli und ihre Freunde“ erweitern das Leseergebnis auf besondere Art. Eine Liste empfehlenswerter Apps gibt es bei der Stiftung Lesen. Neben Apps gibt es auch spezielle Kinderwebsites, die sich auf Vorlesegeschichten spezialisiert haben,wie etwa Amira. Außerdem gibt es Bücher, die ihre Geschichten digital erweitern (z. B. Was ist denn hier passiert?). Das kann eine tolle Möglichkeit sein, Offline- und Onlinewelt sinnvoll zu verbinden.

Worauf sollten Sie dabei achten?

Wichtig ist, dass Sie bewusst auswählen, welches digitale Abenteuer Ihrem Kind gefallen könnte. Auch der Zeitpunkt der Nutzung sollte bedacht werden. So könnte ein interaktives Vorleseabenteuer vorm Schlafengehen zu aufregend für Ihr Kind sein. Der helle Bildschirm und flackernde Elemente verhindern möglicherweise, dass Ihr Kind danach ruhig schlafen kann. Greifen sie stattdessen zu einem (analogen) Buch, das Ihr Kind bereits kennt und beruhigt.

Weitere Tipps zu digitalen Vorleseformaten gibt es bei der Stiftung Lesen.

Denken Sie immer daran: Klassische wie digitale Lesewelten haben ihre Vor- und Nachteile – die Mischung macht´s!

Medienrituale in der Familie

Für Sie und Ihre dreijährige Tochter gehört es dazu, dass Sie ihr jeden Tag vor dem Einschlafen eine Geschichte vorlesen? Ihre Kinder freuen sich schon die ganze Woche auf die “Sendung mit der Maus” am Sonntagvormittag? Solche Rituale sind oft unausgesprochene, feste Termine, die sich mit der Zeit einbürgern. Es gibt typische Medienrituale, aber sie können auch in jeder Familie anders aussehen.

Rituale verbinden

Zusammen mit der Familie Medien zu nutzen ist eine schöne Möglichkeit, Zeit miteinander zu verbringen. Auf den gemeinsamen Filmabend am Wochenende freut sich die ganze Familie gleichermaßen. Kinder fiebern regelrecht darauf hin, auch weil das Event oft mit Ausnahmen verbunden ist, wie z. B. leckerem Essen auf dem Sofa. Man kuschelt sich aneinander und tauscht sich hinterher über den Film aus.
Auch das regelmäßige Skypen mit den Großeltern ist für alle ein Highlight. Trotz der oft weiten Entfernung fühlt man sich einander nah.
Rituale müssen nicht immer mit einem festen Termin verbunden sein: Auch das gemeinsame Musikhören von Vater und Tochter kann ein regelmäßiges Medienereignis sein, das auf besondere Weise verbindet.

Rituale geben Sicherheit

Medienrituale können den Alltag einer Familie strukturieren: Wenn jeden Abend das Sandmännchen auf dem Tablet läuft oder aus einem Buch vorgelesen wird, weiß Ihr Kind, dass es gleich Zeit zum Schlafen ist. Kindern und auch noch Jugendlichen wird so ein Rahmen des Tagesablaufs geboten, der ihnen Sicherheit gibt. Medienrituale können außerdem als Anreiz dienen: Werden die Zähne abends schon vor der Lieblingsserie oder dem Lieblingshörbuch geputzt und der Schlafanzug angezogen, bleibt noch Zeit für zwei Folgen!

Medienrituale vs. medienfreie Zeit

Gemeinsame Familienzeit ist immer wertvoll. Es spricht nichts dagegen, wenn Sie gemeinsame Momente mit Medien wie Fernseher, Tablet oder Spielekonsole schaffen. Oft spielt das Medium dann sowieso nur eine Nebenrolle. Wichtig ist, sich füreinander Zeit zu nehmen und gemeinsam Dinge zu erleben. Medienrituale schaffen Ihnen als Eltern auch Freiräume: Sie arbeiten Nachrichten ab oder entspannen nach einem anstrengenden Arbeitstag, während Ihr Kind Sandmännchen schaut oder Benjamin Blümchen hört.

Achten Sie aber darauf, dass Tablet und Co. nicht den Babysitter bzw. Sie als Elternteil ersetzen. Gemeinsame Familienzeiten, in denen Medien keine Rolle spielen, sind mindestens genauso wichtig wie Zeiten mit Medien. Gemeinsame Erlebnisse wie ein Ausflug ins Schwimmbad oder den Zoo tut Ihnen bestimmt genauso gut wie Ihrem Kind!

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