„Moment, ich muss kurz bei BeReal posten!“ – solche Aussagen kennen viele Familien. Denn die App BeReal lag 2023 unter deutschen Jugendlichen auf dem siebten Platz der beliebtesten Social-Media-Apps.
Authentizität wird dort großgeschrieben, daher punktet das Angebot mit seinem ungewöhnlichen Konzept: spontane Schnappschüsse aus dem Alltag statt inszenierter Bilder und Videos. Wir erklären das Konzept dahinter.
BeReal bedeutet übersetzt „Sei echt!“. Nutzende werden einmal am Tag von der App per Push-Nachricht zu einem Foto aufgefordert. Der zufällige Zeitpunkt variiert von Tag zu Tag und geht an alle Nutzenden gleichzeitig raus.
Innerhalb von zwei Minuten muss dann zur gleichen Zeit ein Foto mit der Front- und der Rückkamera gemacht und veröffentlicht werden. Bilder aus der Fotogalerie können nicht hochgeladen werden. Die beiden Fotos werden als Bild-im-Bild angezeigt. Danach sind auch die Fotos befreundeter Kontakte einsehbar. Die geposteten Aufnahmen löschen sich automatisch nach 24 Stunden aus dem Feed und werden unter Memories nur zur privaten Ansicht gespeichert. Bei pünktlichem Hochladen kann man pro Tag bis zu fünf weitere Schnappschüsse teilen.
Zusätzlich zur täglichen Aufforderung kann man Videos im „Behind the Scenes“-Modus aufnehmen, die zeigen, was vor oder nach dem eigentlichen Foto passiert. Außerdem gibt es die Möglichkeit, Musik zu den BeReals hinzuzufügen. Über die RealChat-Funktion können Freund*innen direkt miteinander chatten und sich in bis zu zwei RealGroups mit mehreren Freund*innen verbinden.
In der App gibt es keine Filter oder Bildbearbeitung und die eigene Follower*innenzahl ist nicht öffentlich sichtbar. Auf Beiträge anderer kann man mit Emojis oder sogenannten RealMojis reagieren, das sind Grimassen, die man selbst erstellt. Öffentliche Fotos können jederzeit gesehen werden. Freund*innen lassen sich über die Synchronisation mit den eigenen Kontakten oder über die Suche nach User*innennamen finden und hinzufügen. Auch Profile aus dem öffentlichen Feed können ergänzt werden.
Neue Apps sind besonders interessant für junge Nutzer*innen, wenn sie etwas Außergewöhnliches bieten. In Zeiten von Oberflächlichkeit und Bildbearbeitung auf Sozialen Netzwerken hebt sich BeReal durch das Konzept der Spontanität und Authentizität ab. Die Spannung steigt, weil die Push-Nachricht mit der Aufforderung zur Momentaufnahme jederzeit kommen kann. Dann muss spontan und unter Zeitdruck ein Foto gemacht werden – ohne Vorbereitung oder viele Versuche, ohne Filter oder Bildbearbeitung.
Sich über die Kategorien RealBrands und RealPeople mit Marken und Promis zu verbinden und als RealFan an ihrem „echten“ Leben teilzuhaben, macht Jugendlichen Spaß und sie fühlen sich mit ihren Vorbildern verbunden.
Den Aufforderungen der App nachzukommen kann herausfordernd werden, zum Beispiel weil Jugendliche sich eigentlich gerade auf ihre Hausaufgaben konzentrieren wollen oder ihr Smartphone in der Schule nicht rausholen können. Für einige kann der Druck, der durch die Push-Nachricht ausgeübt wird, unangenehm sein oder dazu führen, dass impulsiv Fotos in Privatsituationen gemacht und veröffentlicht werden. Außerdem kann sozialer Druck entstehen, ohne Filter und Bearbeitungen besonders interessante Bilder auf der Plattform zu teilen.
BeReal erhebt personenbezogene Daten wie Name und Telefonnummer und speichert die IP-Adresse. Wenn der Zugriff auf das Adressbuch erlaubt wird, erhält die App auch Daten von Personen, die BeReal nicht nutzen. Außerdem besteht das Risiko, dass Fotos von anderen Personen, die ungewollt im Bild erscheinen, im öffentlichen Feed landen. Fotos können zudem von anderen unbemerkt per Screenshot gesichert und weiterverbreitet werden.
BeReal ist laut den Nutzungsbedingungen ab 13 Jahren erlaubt. Wird bei der Anmeldung ein Alter zwischen 13 und 15 Jahren angegeben, weist die App darauf hin, dass eine Zustimmung der Eltern erforderlich ist. Denn aufgrund der DSGVO ist die Nutzung ohne Zustimmung der Eltern erst ab 16 Jahren möglich. Dies kann jedoch leicht umgangen werden.
Die App wurde 2024 an den französischen Spieleentwickler Voodoo verkauft. Es könnten sich weitere Features ändern, Werbung wurde bereits integriert. BeReal verfügt über Community-Richtlinien und verbietet darin z. B. Belästigung, Gewalt oder Mobbing. Verstöße können direkt in der App gemeldet werden.
Wenn Ihr Kind Interesse an der App hat, sollten auch Sie sich BeReal genauer anschauen – am besten gemeinsam. Sprechen Sie mit Ihrem Kind über mögliche Kommunikationsrisiken, die mit der Nutzung der App verbunden sind und bleiben Sie über die Nutzungserfahrungen Ihres Kindes im Gespräch. Vereinbaren Sie vorher, welche Fotos dort veröffentlicht werden dürfen, so dass Ihr Kind in der Drucksituation bewusst reagieren kann.
Die App greift auf viele Funktionen des Smartphones zu, die teilweise unbegründet sind, z. B. Mikrofon und Standort. Prüfen Sie die App-Berechtigungen direkt nach der Registrierung und überlegen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind, welche Zugriffe notwendig und sinnvoll sind. Am besten stellen Sie in den Privatsphäre-Einstellungen den Account auf privat, so dass nur Personen in der Freund*innenliste die geposteten Bilder sehen können. Besprechen Sie mit Ihrem Kind, dass es nur Personen als Freund*in hinzufügen sollte, die es auch tatsächlich kennt. Eine Anleitung zu weiteren Sicherheitseinstellungen von BeReal finden Sie auf der Webseite medien-kindersicher.de.