Wenn ein geliebter Mensch stirbt, ist das schrecklich. Neben der Bewältigung des Schmerzes und der Trauer müssen sich Hinterbliebene auch um den sogenannten digitalen Nachlass kümmern. Gemeint sind z. B. Daten auf Social-Media-Kanälen, E-Mail-Accounts, Cloud-Zugänge oder Abos bei Streaming-Diensten wie Netflix und Spotify. Doch was passiert mit dem digitalen Nachlass einer Person und wer hat ein Recht darauf?
Für Hinterbliebene ist der Einblick in den digitalen Nachlass von besonderer Bedeutung. Vor allem junge Menschen verbringen in der Regel einen großen Teil ihres Lebens in der digitalen Welt, weshalb es auch viele digitale Erinnerungsstücke gibt: Fotos in der Cloud oder Videos auf Social-Media-Plattformen können Eltern Einblicke in das Leben ihres Kindes geben, die sie so vorher nicht hatten. Das bedeutet auch, nachträglich die Privatsphäre des Kindes und ebenfalls abgebildeter Freundinnen und Freunde zu verletzen. Gleichzeitig wecken diese Einblicke in der Trauersituation schmerzhafte Erinnerungen bei den Angehörigen und können das Bild auf die verstorbene Person beeinflussen. Über beides sollten sich trauernde Angehörige Gedanken machen, bevor sie eventuell in die Social-Media-Accounts schauen.
Accounts auf Social Media oder bei Messenger-Diensten können außerdem eine Plattform sein, um Trauer zum Ausdruck zu bringen oder mit anderen zu teilen. Es kommt vor, dass Freunde und Familie noch Monate später an die Facebook-Pinnwand der verstorbenen Person schreiben oder ihr bei WhatsApp weiterhin Nachrichten schicken. Das kann in der Trauer helfen und eine Möglichkeit sein, Abschied zu nehmen.
Laut Gesetz haben die rechtlichen Erben in den meisten Fällen Zugriff auf das digitale Erbe. Wenn es sich bei den Verstorbenen um Kinder handelt, sind das in der Regel die Eltern. Es gelten jedoch, je nach Anbieter und Dienst, unterschiedliche Bestimmungen, inwieweit Einblick in die Konten und Daten der toten Person gewährt wird. Erben haben nicht immer das Nutzungsrecht, sondern oft nur das Zugriffsrecht auf die hinterlassenen Accounts. Sie dürfen Inhalte, Fotos und Nachrichten einsehen und das Konto löschen. Das Konto darf aber weder weiterhin genutzt werden, noch bestehende Inhalte wie z. B. Postings oder Blogeinträge verändert werden. Die Erben des digitalen Nachlasses sollten sich deshalb mit den Bedingungen der verschiedenen Anbieter auseinandersetzen.
Facebook gewährt Hinterbliebenen Zugriff auf das Profil und ermöglicht es, das Konto in den “Gedenkzustand” zu versetzen. Die Ernennung eines sogenannten Nachlasskontaktes bei Facebook ist schon zu Lebzeiten möglich. Angehörigen und Freunden ist es so immer noch möglich, das Profil anzusehen und Nachrichten zu hinterlassen.
Auch Google erleichtert die Organisation des digitalen Nachlasses, indem Nutzende schon zu Lebzeiten dazu aufgefordert werden, sogenannte Kontoinaktivität-Manager zu ernennen. Diese Personen erhalten Zugriff auf die Daten der Person, sobald diese einen von ihr vorher bestimmten Zeitraum inaktiv war.
Andere Anbieter wie z. B. Instagram oder Yahoo, erlauben lediglich, bestehende Accounts löschen zu lassen. Hierbei sind bestimmte Unterlagen wie die Sterbeurkunde nötig, die beim Anbieter vorgelegt werden müssen. So soll verhindert werden, dass Konten etwa zum Spaß oder als Drohung von Dritten gelöscht werden können.
Außer Daten und wertvollen Erinnerungen gibt es einen weiteren Grund, sich um den digitalen Nachlass zu kümmern. Neben der Rechte gehen auch die Pflichten der verstorbenen Person auf die Erben über. Abgeschlossene Verträge müssen weiterhin eingehalten oder gekündigt, Rechnungen bezahlt und Reisen storniert werden. Da es oftmals nicht klar ist, welche Verträge laufen und welche Rechnungen noch zu bezahlen sind, kann ein Blick ins Mail-Postfach der verstorbenen Person helfen. Dort sind in den meisten Fällen Nachrichten zu Online-Einkäufen, abgeschlossenen Verträgen oder gebuchten Reisen zu finden.
Eine Ausnahme bezüglich des digitalen Nachlasses machen häufig gekaufte digitale Güter wie e-Books, Filme oder Musik. Diese können nicht immer an Dritte weitergegeben oder vererbt werden.
Es fällt schwer, sich zu Lebzeiten mit dem eigenen Tod oder dem eines geliebten Menschen zu beschäftigen – besonders, wenn es sich um die eigenen Kinder handelt. Doch solche Vorkehrungen sind sinnvoll und ersparen in der schweren Zeit viel Ärger und Mühe. Im Testament kann vermerkt werden, welche Daten von wem eingesehen und verwaltet werden dürfen. Außerdem können Passwörter und Zugangsdaten an einem sicheren Ort verwahrt werden, sodass die Erben im Notfall Zugriff darauf haben. Einige Online-Dienste ermöglichen es außerdem schon zu Lebzeiten, einen befugten Kontakt anzugeben. Es ist sinnvoll, darüber zu sprechen, welche Plattformen und Kanäle aktiv genutzt werden und was mit den Accounts und Daten nach einem möglichen Tod passieren soll. Verschiedene Angebote wie z. B. das Nachlass-Set des Stiftung Warentest können helfen, den digitalen Nachlass zu regeln.