Von der Eiskönigin über Bibi und Tina direkt ins Wohnzimmer von Beauty-Influencerinnen. Betrachtet man das Angebot in unseren Medien wird schnell klar, was Mädchen mögen – oder mögen sollen. Vom ersten (pinken) Spiel-Handy zum Netflix-Angebot für Jugendliche sind die Inhalte oft stark auf Geschlechtsstereotype getrimmt und lassen wenig Raum für Zwischentöne. Doch ist das wirklich, was Mädchen mögen? Und wie können Sie als Eltern die Reise Ihrer Tochter durch die rosa-hellblaue Medienwelt angemessen gestalten?
XX oder XY: Unser Geschlecht ist die erste Schublade, in die wir meist schon vor der Geburt gesteckt werden. Für viele Menschen passt das Geschlecht, das sie nach Chromosom und primären Geschlechtsorganen zugeordnet bekommen. Doch nicht für alle. Manche sind etwa nicht binär oder trans. Und selbst, wer sich als Mädchen oder Junge wohlfühlt, möchte deshalb noch längst nicht automatisch mit allen Klischees verbunden werden. Für Eltern und Pädagog*innen gilt deshalb auch unabhängig von der Mediennutzung: Genau hinschauen und offen bleiben sind wichtig, um Kinder individuell zu sehen und zu begleiten. Deshalb nutzen wir in diesem Text das Sternchen an Mädchen* – um zu zeigen, dass jede Form von Geschlechtsidentität gemeint ist.
Mehr Informationen zum Themen Queerness gibt es u. a. kindgerecht im Buch „Was ist eigentlich dieses LGTBQI*?“ und bei Kindersache vom Deutschen Kinderhilfswerk (DKHW) aufbereitet sowie beim Queer-Lexikon.
Wenn Mädchen* und Jungen* beginnen, sich in Medienwelten zu bewegen, scheint das Geschlecht noch mehr Gewicht zu bekommen als ohnehin schon. Zwar geht es technisch ähnlich los: Die meisten Kinder interessieren sich im Kindergarten für Hörspiele und Videos, entdecken im Lauf der Grundschule das Internet und wünschen sich dann auch ein Smartphone. Inhaltlich bewegen sich Mädchen* und Jungen* aber häufig in zwei Welten. Denn Mädchen* werden vom Marketing gezielt anders angesprochen als Jungen* und viele alternative Angebote gibt es nicht. So nutzen Mädchen* häufig Angebote, die scheinbar auf ihre Geschlechtsidentität zugeschnitten sind. Sie schauen Barbie und Pferde-Videos, lesen Feengeschichten und sehen später eher Casting-Shows oder bewundern Beauty-Influencerinnen wie Bibi.
Das Bild, das junge Mädchen* dort von der Welt präsentiert bekommen, ist häufig gefärbt von Stereotypen und Vereinfachungen: Mädchen* lieben natürlich rosa, interessieren sich für Mode und Schminke, werden als hilfsbedürftig dargestellt und sind schlecht in Mathe. Manche Mädchen* scheinen gerade diese Klischees (zumindest phasenweise) zu lieben – andere finden vielleicht kaum Alternativen oder beugen sich dem Gruppendruck in Kindergarten und Schule.
Natürlich müssen nicht sofort alle Alarmglocken klingeln, wenn Ihre Tochter Arielle oder Gabby’s Dollhouse mag. Weibliche Figuren in allen Varianten sind für junge Menschen eine Möglichkeit, die eigene Identität auszuprägen. Gerade an stereotypen Figuren testen sie eigene Geschlechterbilder aus – und grenzen sich eventuell auch bewusst davon ab. Gleichzeitig kann ein Zuviel solcher Identifikationsfiguren auch dazu führen, dass sich Klischees im Kopf festsetzen und Kinder daran hindern, eine eigene, unabhängige Geschlechtsidentität ausbilden. Schauen Sie deshalb genau hin und beobachten Sie, wir Ihr Kind über die Medieninhalte spricht.
Sie als Eltern sind auf dem Weg der individuellen Entwicklung wichtige Begleiter*innen. Sie dienen selbst als Vorbilder – in der Art, wie Sie Ihre eigene Geschlechtsidentität leben, aber auch durch Ihre Mediennutzung. Reflektieren Sie, wie Sie selbst über Mädchen* und Jungen* sprechen und reflektieren Sie mit Ihrer Tochter* gemeinsam die Mädchenbilder in den Medien. Seien Sie ein*e offene Gesprächspartner *in, mit denen Ihre Tochter* Vorlieben, Fragen und auch Klischees besprechen kann. Bieten Sie alternative (Medien-)Angebote an, mit denen Ihr Kind Inhalte ausprobieren kann, die andere Schwerpunkte setzen.
Wenn Sie aufgeschlossen für die Themen, Fragen und Interessen Ihres Kindes sind und Sie es liebevoll und vorurteilsfrei begleiten, helfen Sie Ihrem Kind am meisten. Denn so können junge Mädchen* ohne Angst nach ihrer eigenen Identität suchen und sie leben.