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28.02.2023

Die Sprache der Gamerinnen und Gamer

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3 Minuten Lesezeit
6-17 Jahre
Kommunikation
Spiele
Artikel
Foto: Bob/pixabay.com

Sie kommen ins Wohnzimmer, Ihr Kind sitzt vor der Spielkonsole. Aufgeregt ruft es ins Headset: „Ah Mist, ich bin knocked, einer ist Heaven, einer Zig-Zag hinter der Drywall und looted die Chest, pass auf, der oben hat ‘ne Purple Shotty und camped mich!“1. Sie haben gehört, was Ihr Kind gesagt hat – doch was es bedeutet, ist Ihnen schleierhaft?

Was ist Gaming-Sprache?

Nicht nur verschiedene Landessprachen, Dialekte und Akzente prägen die Sprache von Kindern und Jugendlichen. Auch die Kreise, in denen sie sich bewegen, haben Auswirkungen auf ihre Ausdrucksweise. Wer viel zockt, verwendet oft einen bestimmten Gaming-Wortschatz.

Die meisten Videospiele werden online gespielt und die Gaming-Sprache nimmt eine wichtige Rolle bei der Kommunikation zwischen den Spielenden ein. Oftmals ist es notwendig, schnell und effizient Informationen mit anderen zu teilen, um die Zusammenarbeit zu verbessern und das Spiel zu gewinnen. Die Gaming-Sprache bietet hier eine gute Möglichkeit, sich mit anderen effizient zu verständigen und eine erfolgreiche Strategie zu entwickeln.

Gaming-Sprache trägt zur Schaffung von Identität und Gemeinschaft bei. Mit ihrem Gaming-Slang zeigen Gamerinnen und Gamer, dass sie Teil einer bestimmten Gruppe sind. Die gemeinsame Sprache dient auch dazu, soziale Normen und Erwartungen innerhalb der Gaming-Community zu etablieren und zu verstärken. Gängige Begriffe hat die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) in ihrem Lexikon aufgeführt.

Gaming-Sprache als Popkultur

Die Gaming-Sprache wird von Jugend- und Netzkulturen beeinflusst und ist ein sehr facettenreiches Phänomen. Mit „Smash“ und „Sus“ waren 2022 wieder zwei Begriffe aus dem Gaming unter den Top 10 der Jugendwörter des Jahres. Die Gaming-Sprache verändert sich stetig: neue Wörter und Ausdrücke werden eingeführt, während andere langsam verschwinden oder an Bedeutung verlieren. Dies liegt zum einen daran, dass sich die Art der Spiele im Laufe der Zeit ändert. Zum anderen zeichnet sich jedes Game-Genre durch eigene Wörter aus. In Fifa heißt es: „GKs die ja mal Trash sind“ (d. h. der Torwart/die Torwärtin, der/die nicht gut spielt) und „Boah der Bronze banked wieder“ (d. h. er oder sie manipuliert die Wertung seines Teams absichtlich, indem er Spielerinnen und Spieler mit schlechter Wertung auf die Ersatzbank schickt und damit vom System gegen tendenziell schwächere Spielerinnen und Spieler gepaart wird).In Fall Guys geht es um „Proxy Strats“ (d. h. der Versuch das Spiel durch absichtliches Zurückfallen zu Beginn der Runde zu gewinnen) oder um „Jump-Dives“ (d. h. Kombination aus Springen und „nach vorne werfen“).

Gaming-Sprache hat Einfluss auf andere Bereiche der Popkultur und wird gleichzeitig von der Popkultur mitgeprägt. Immer häufiger werden Ausdrücke und Begriffe aus der Gaming-Sprache in Musik, Film und Werbung übernommen. Zum Beispiel verwenden Rapper wie Travis Scott und Drake in ihren Texten Ausdrücke wie „loot“ (engl. für „Beute“) und „pogchamp“ (ein Emote auf der Livestreaming-Plattform „Twitch“). Unternehmen wie Coca-Cola und KFC greifen in ihren Werbekampagnen Gaming-Begriffe und -Themen auf und richten sich damit an eine bestimmte Zielgruppe.

Was Eltern beachten sollten

Bedenken Sie, dass die Sprache Ihres Kindes durch den Gebrauch von Gaming-Sprache nicht nachhaltig verändert oder verschlechtert wird. Ihr Kind spricht eventuell mit seinen Freundinnen und Freunden für Außenstehende völlig unverständlich. Das heißt aber nicht, dass es nicht eine angemessene Ausdrucksweise in Schul- und später auch in Arbeitskontexten finden wird.

Trotzdem ist es wichtig, die Wörter gemeinsam mit Ihrem Kind einmal unter die Lupe zu nehmen, da sich in der Gaming-Sprache häufig diffamierende oder beleidigende Ausdrücke finden. So werden Begriffe wie etwa „Huan“ als Kurzform für „Hurensohn“ oder „Fag“ als Kurzform für „Faggot“, das englische Pendant zu „Schwuchtel“, verwendet. Kinder und Jugendliche greifen derartige Ausdrücke oft unüberlegt auf und verwenden sie selbst, ohne darüber nachzudenken. Sprechen Sie mit Ihrem Kind offen darüber, warum der Gebrauch dieser Wörter problematisch ist. Erklären Sie ihm, was die Wörter überhaupt bedeuten und machen Sie deutlich, dass Sie solche Begriffe nicht tolerieren.

Zu unterscheiden sind solche Beleidigungen von dem Phänomen Trashtalk, welcher sich in der Gaming-Sprache als Umgangsform in bestimmten Gaming-Gruppen etabliert hat. Zeigen Sie Interesse für das Hobby Ihres Kindes, beobachten Sie es beim Spielen und zocken Sie gemeinsam eine Runde. So können Sie sich selbst ein Bild von der Gaming-Kultur machen und sich mit Ihrem Kind auf Augenhöhe über Games austauschen.

1Auflösung der Begriffe in der Einleitung:

knocked: Auf dem Boden liegend, aber noch nicht ausgeschieden.

Heaven: Eine Ortsangabe, die sich auf einen höher gelegenen Punkt bezieht.

Zig-Zag: Eine Ortsangabe, die sich auf eine Z-förmige Wand bezieht.

Drywall: Eine Wand, welche von Projektilen durchschlagen werden kann.

looted: Engl. für plündern, hier auch: durchsuchen.

Purple Shotty: Eine seltene Schrotflinte im Spiel Fortnite.

camped: Jemand sitzt in der Nähe und wartet darauf, dass Teammitglieder zu Hilfe kommen.

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