Für Eltern ist es eine Herausforderung, angesichts des riesigen Angebots im Fernsehen und auf Streaming-Plattformen den Überblick zu behalten: Kino- und Fernsehfilme, Serien, nichtfiktionale Formate wie Reportagen und Dokumentationen, Casting-, Stunt- und Gameshows, Erotikangebote, Musikvideos sowie Doku-Soaps oder Coaching-Sendungen. Welche Medieninhalte sind für mein Kind altersgerecht, welche sind ungeeignet und vor welchen sollte ich mein Kind schützen? Eine erste Orientierung für altersgerechte Sendungen bieten die Altersfreigaben und die damit verbundenen Sendezeiten – sie beruhen oft auf einer Bewertung der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen e.V. (FSF).
Die FSF ist ein gemeinnütziger, gesetzlich anerkannter Verein, der private Fernsehveranstalter, Telemedienanbieter und Streamingdienste darin unterstützt, die Jugendschutzbestimmungen in Deutschland umzusetzen. Dazu bietet die FSF die Prüfung von Inhalten durch unabhängige Fachleute an, die Altersfreigaben und Sendezeiten festlegen, unzulässige Inhalte identifizieren und ggf. Schnitte empfehlen.
Grundlage der Prüfung ist der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV), der den Schutz Minderjähriger vor ungeeigneten Medieninhalten regelt. Ziel ist es, Kinder und Jugendliche vor entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten zu schützen, z.B. vor drastischen Gewaltdarstellungen, übermäßig ängstigenden Szenen oder fragwürdigen Vorbildern. Diese Inhalte werden mit Blick auf die Fähigkeiten der verschiedenen Altersgruppen bewertet und mit den Freigaben 6, 12, 16 oder 18 versehen. In Mediatheken oder Streamingdiensten werden diese Alterskennzeichen angezeigt, im Fernsehen sind sie mit bestimmten Sendezeiten verbunden:
Die Altersfreigaben sind bei vielen Anbietern darüber hinaus als technische Kennzeichen hinterlegt, die von Jugendschutzprogrammen erkannt werden können. Weitere Informationen gibt es hier auf der FSF-Webseite.
Die FSF prüft Inhalte aller Genres, vor allem Serien, Dokumentationen und Filme, die im Fernsehen oder auf Online-Plattformen gezeigt werden. Aber auch Werbespots und Programmtrailer, Musikvideos, Showformate, Doku-Soaps oder Reportage- und Nachrichtensendungen können jugendschutzrelevant sein und zur Prüfung eingereicht werden.
Die FSF prüft auf Antrag die Inhalte, die Fernsehsender oder Anbieter von Streamingdiensten vorlegen. Die Bewertung erfolgt in Prüfausschüssen mit drei oder fünf unabhängigen Prüferinnen und Prüfern. Diese kommen aus unterschiedlichen Fachrichtungen wie Medienbildung, Psychologie, Medienwissenschaft oder Recht. Ein Programm wird gesichtet und mögliche Risken werden diskutiert. Die Entscheidung für die angemessene Altersfreigabe wird mit einfacher Mehrheit getroffen. Nähere Informationen zur Programmprüfung finden sich auf der FSF-Webseite.
Die zentralen Risikobereiche sind Gewalt, Angst und Desorientierung. Wesentlich für die Bewertung ist der Zusammenhang.
Bei Gewaltdarstellungen geht es beispielsweise darum, ob die Gewalt im Gesamten positiv erscheint und so die Gewalt- und Konfliktbereitschaft von Kindern und Jugendlichen erhöhen könnte: Wird die dargestellte Gewalt eher befürwortet oder abgelehnt? Wird sie als etwas Faszinierendes dargestellt? Wirkt sie eher künstlich oder realistisch? Wird sie vom Bösewicht oder vom Helden bzw. von der Heldin ausgeübt? Und ist sie am Ende erfolgreich?
Ähnliche Fragen stellen sich auch beim Wirkungsrisiko der Desorientierung, z.B. bei Darstellungen von Vorurteilen oder Rollenklischees, von Drogenmissbrauch oder von Risikoverhalten: Erscheinen problematische Verhaltensweisen attraktiv und nachahmenswert oder werden sie kritisch kommentiert oder abgelehnt?
Risiken einer übermäßigen Ängstigung kommen vor allem bei den unteren Altersgruppen in Betracht. Jüngere Kinder können Schreckmomente oder Bilder von Gewalt oder Verletzungen oft nicht angemessen verarbeiten oder sich von belastenden Themen wie Trennung der Eltern abgrenzen.
Inwieweit Medieninhalte geeignet sind, Ängste auszulösen oder das Wertebild von Kindern und Jugendlichen negativ zu beeinflussen, hängt von der Fähigkeit der jeweiligen Altersgruppe ab, belastende Szenen zu verkraften und problematische Aussagen einzuordnen und zu hinterfragen. Mehr Informationen zu den Wirkungsrisiken bietet die FSF-Webseite.
Alterskennzeichnungen und Sendezeiten sind eine Orientierungshilfe, sollten aber nicht alleinige Grundlage für die Medienauswahl sein. Jedes Kind entwickelt sich individuell und hat unterschiedliche Bedürfnisse und Reifegrade. Nutzen Sie daher weitere Informationen, um einzuschätzen, ob ein Inhalt für Ihr Kind geeignet ist und seiner persönlichen Situation entspricht. Altersfreigaben sind keine Empfehlungen!
Begleiten Sie die Mediennutzung Ihres Kindes. Sprechen Sie mit ihm über seine Medienerlebnisse und helfen Sie ihm dabei Medieninhalte zu verstehen und einzuordnen. Die Bewertungen der FSF können Sie dabei unterstützen, eine bewusste und altersgerechte Auswahl zu treffen.
Eltern können sich mit Anmerkungen und Beschwerden zu TV- oder Streaming-Inhalten an die FSF-Beschwerdestelle richten. In begründeten Fällen wird eine Prüfung eingeleitet.