Ob als Podcast, Buch, Magazin, Serie oder Film – Echte Kriminalfälle und wahre Verbrechen sind gerade total angesagt. Auch für Jugendliche ist das Genre „True Crime“ spannend. Doch woher kommt die Faszination und worauf sollten Sie als Eltern achten?
Bei True Crime (deutsch etwa: „wahre Verbrechen“) werden keine fiktiven Geschichten, sondern reale Kriminalfälle nacherzählt. Die geschilderten Straftaten, häufig Vermissten- oder Mordfälle, sind oft ungewöhnlich oder haben besondere mediale Aufmerksamkeit bekommen, weil die Rechtsentscheidung umstritten war. Die Tatsache, dass die Fälle tatsächlich passiert sind, lässt sie in den Augen der Zuschauenden authentisch wirken. Dabei werden die Kriminalfälle sehr unterschiedlich erzählt: Es gibt Dokumentationen, die die Fälle eher sachlich und realitätsnah schildern. Andere Darstellungen wirken wie ein Film – in ihnen sind Szenen nachgestellt oder Einzelheiten erfunden, um die Geschichten noch interessanter zu machen.
Für die Nutzerinnen und Nutzer liegt die Spannung vor allem darin, bei der Aufklärung oder Erklärung eines wahren Verbrechens „dabei“ zu sein. Echte Menschen haben diese Dinge aus bestimmten Gründen getan, und man möchte mehr über die Motive für die Tat und die näheren Umstände erfahren. Meist kommen auch Ermittlerinnen und Ermittler oder Angehörige der Opfer zu Wort und schildern aus ihrer Perspektive, was geschehen ist.
Das Erzählen von spannenden und vor allem realen Geschichten löst bei vielen Nervenkitzel aus. Gerade für Jugendliche ist der Hang zum „Verbotenen“ und Ungewöhnlichen dieser Geschichten anziehend. Wenn Kinder in die Pubertät kommen, möchten sie ihre Grenzen austesten. Dazu gehört auch, sich Dinge anzuschauen oder anzuhören, die eigentlich nicht für ihr Alter geeignet sind, weil sie belastend wirken oder Angst machen können. Während viele ältere Kinder und Jugendliche True-Crime-Geschichten als unterhaltsam erleben und beispielsweise „ihren“ Krimi-Podcast bei langen Bahnfahrten oder beim Zimmeraufräumen nutzen, sind jüngere Kinder mit den erzählten Kriminalfällen oft überfordert.
Die Beliebtheit des Genres führt dazu, dass es ein immer größeres Angebot gibt. Jugendliche, die das Format besonders mögen, schauen sich vielleicht wenig andere Inhalte an. Das kann ihren Blick auf die Welt einengen, die anscheinend nur düster und gewaltvoll ist.
Die Schilderung realer Gewalttaten kann Kindern Angst machen, selbst Opfer von Verbrechen zu werden. Vor allem Jüngeren gelingt es häufig nicht, zu erkennen, dass ein Verbrechen bereits viele Jahre zurückliegt oder eine Darstellung bewusst zugespitzt ist, um Spannung zu erzeugen.
Nicht jede Serie oder jeder Podcast ist gleich sorgfältig recherchiert. Es kommen Geschichten in den Umlauf, die so vielleicht gar nicht stattgefunden haben. Zum Teil wird die Realität verzerrt oder vereinfacht dargestellt, weil es zu aufwändig und uninteressant wäre, die realen Abläufe eines Falls mit langen Gerichtsverhandlungen, Befragungen usw. abzubilden.
Häufig steht der Täter oder die Täterin im Mittelpunkt einer True Crime-Story. Das kann dazu führen, dass die Zuschauenden von dieser Person fasziniert sind, wodurch wiederum die Taten selbst verharmlost und Mitgefühl für die Opfer vermindert werden können.
Kritisch zu sehen ist außerdem der Umgang mit Geschlechterrollen innerhalb des Genres. In vielen Geschichten sind die Opfer weiblich. Frauen werden häufig als macht- und wehrlose Personen und nicht als selbstbestimmt und stark dargestellt.
Jede erzählte Geschichte berührt Kinder und Jugendliche anders. Es gibt Elemente in True-Crime-Stories, die junge Menschen überfordern, verunsichern oder verängstigen können. Deshalb sollten Sie darauf achten, ob die True-Crime-Sendung oder der Podcast auch für das Alter Ihres Kindes freigegeben bzw. empfohlen ist. Behalten Sie im Blick, was sich Ihr Kind anschaut und suchen Sie das Gespräch. Fragen Sie nach, was Ihr Kind an True Crime fasziniert. Egal, ob Nervenkitzel, Rätselraten oder Interesse an Ermittlungsarbeiten im Vordergrund stehen: Verlieren Sie nicht aus den Augen, dass es sich um True Crime handelt, also um echte Verbrechen, die echtes Leid verursacht haben.